Neue Regeln für den Bogensport

Erstellt von am Montag, 12.10.2009 17:05:53

von Andreas Lorenz, Mitglied des TAC der FITA (Target Archery Committee)

Beim FITA Kongress in Ulsan wurden Änderungen zum Regelwerk beschlossen, die – wenn sie denn dann von jedem nationalen Verband so umgesetzt werden – den Bogensport wohl revolutionieren werden und somit spannender und moderner gestalten.


Anfang September fand am Vorabend der Weltmeisterschaft in Ulsan der FITA Kongress statt. Es wurden nicht nur einige neue Posten in verschiedenen Komitees besetzt und der FITA Präsident bestätigt, sondern es wurden einige wichtige Änderungen im Regelwerk beschlossen. Wie und wann die internationalen Regeln in den unterschiedlichen Ländern schlussendlich umgesetzt werden, hängt von den einzelnen nationalen Verbänden ab, da nicht alle nationalen Verbänden die FITA Regeln 1 zu 1 übernehmen.

Die Änderungen, die in Ulsan beschlossen wurden, müssen im November vom FITA Ausschuss (Council) noch bestätigt werden, jedoch wurde durch die Abstimmung im September bereits der Weg vorbereitet, den Bogensport für die Zukunft fit zu machen.

In diesem Artikel sollen einige Änderungen für die FITA Scheiben-Turniere im Freien hervorgehoben werden, ebenso die neue Hit-Miss Runde für Compound.
Letztere wird vorerst ab 1. April 2010 bis 31. Dezember 2010 getestet, damit noch Anpassungen durchgeführt werden können, die sich eventuell aus der praktischen Erfahrung während der Weltcup-Saison ergeben werden.

Altersklasse und Jugendklasse
In Zukunft soll die weibliche Altersklasse die FITA Runde (144 Pfeile) auf folgende Distanzen schießen: 60, 50, 40, 30 Meter. Die FITA Runde der männlichen Altersklasse soll auf 70, 60, 50, 30 Meter geschossen werden. Wohlgemerkt: ein Schütze der Altersklasse kann ein Turnier in der Schützenklasse weiterhin auf die längeren Entfernungen schießen, wird dann aber auch in der Schützenklasse gewertet. Die Entscheidung in welcher Klasse der Schütze schießt, kann er von Turnier zu Turnier treffen.

Die Altersbeschränkungen in den Jugendaltersklassen sind ebenso geändert worden. Zur Zeit werden diese in Deutschland noch anders unterteilt, jedoch sieht die FITA auf internationaler Ebene nur 2 Jugendklassen vor. Für die FITA kann in Zukunft ein Schütze im Jahr seines 17. Geburtstages an Wettkämpfen in der Kadettenklasse teilnehmen, ein Junior wird zukünftig bis zu seinem 20. Geburtstag Junior sein. Für 2010 bedeutet dies, dass alle Schützen die zwischen dem 1.1.1990 und dem 31.12.1993 geboren wurden in der Juniorenklasse schießen können. Alle Schützen die am 1.1.1993 oder später geboren wurden, schießen in der Kadettenklasse.

Mixed Team
Das Mixed Team wurde bereits in der Saison 2009 bei den Weltcups und bei der Weltmeisterschaft getestet und hat wurde von vielen Teams sehr positiv aufgenommen. Dies sicherlich deshalb, weil es für manche Nationen schwierig ist ein komplettes 3er Team zu stellen, obwohl sie einzelne Top Schützen haben.
Das Mixed Team besteht aus jeweils einem Mann und einer Frau. Es gibt Recurve Mixed Teams und Compound Mixed Teams. Jeder der Schützen schießt 8 Pfeile, sodass insgesamt 16 Pfeile gewertet werden.

Top 8 Schützen werden gesetzt
Eine willkommene Änderung in meinen Augen ist die Tatsache, dass in in Zukunft bei Weltmeisterschaften die ersten 8 Schützen der Qualifikationsrunde Freilose haben werden und erst in die Ausscheidung eingreifen, wenn das Feld auf 24 Schützen reduziert worden ist. Dies bedeutet, dass sich z.B. bei Weltmeisterschaften nicht mehr 128 Schützen, sondern 96 plus 8, also 104 Schützen qualifizieren werden. Die 96 werden zunächst auf 48 und dann auf 24 reduziert. Erst hier steigen die 8 gesetzten Schützen in das Geschehen ein: Der erste der Qualifikation wird auf den 24. der Matchplay-Tabelle treffen, der zweite auf den 23. usw.


Nun zu den grundlegenden Änderungen: das Set System und die neue Compound Runde.
Letztere wird für ein Jahr im Weltcup vorerst im Halbfinale und Finale getestet und kann gegebenenfalls angepasst werden.
Das Set System wird aber definitiv ab 2010 Bestandteil der Ausscheidungs- und Finalrunde sein.
Die FITA Runde (144 Pfeile) wird weiterhin geschossen, ebenso die Doppel-70m Runde. Die Änderungen betreffen nur Ausscheidungen und Finalrunden!


Das Set System – Satz System
Das Satz System ist für alle FITA Scheiben-Turniere im Freien (Ausscheidungen auf 70m und Finalrunden auf 70m) ab dem 1. April 2010 gültig, sowohl für Recurve wie auch für Compound.
Der Gewinner eines Satzes ist jener Schütze, der die höchste Ringzahl im jeweiligen geschossenen Satz erreicht. Der Sieger des Satzes erhält zwei (2) Punkte. Falls der Satz unentschieden gewertet wird, erhält jeder Schütze einen (1) Punkt.
Sätze bestehen aus 6 Pfeilen bis ins Viertelfinale. Ab dem Viertelfinale aus 3 Pfeilen.

Ein Match besteht aus maximal 3 Sätzen im 6 Pfeile Modus (also bis zum Viertelfinale) und aus maximal 5 Sätzen im 3 Pfeile Modus. Bei Olympischen Spielen werden alle Runden im 3 Pfeile Modus geschossen werden.

Die Sätze werden nur bis zum Ende geschossen, wenn der Schütze mit weniger Punkten noch die Chance hat, das Match zu drehen.

Folgende Szenarien können sich beim 3-Satz-Match ergeben (fett markierte Ergebnisse bedeuten den Sieg):
Nach dem ersten Satz: 2-0; 0- 2; 1-1
Nach dem zweiten Satz: 4-0; 2-2; 3-1; 1-3; 0-4
Nach dem eventuellen dritten Satz: 4-2; 2-4; 5-1; 4-2; 2-4; 1-5; 3-3

Wenn das Match 3:3 ausgeht, erfolgt ein Stechen mit einem Pfeil!

Dies bedeutet dass im 3-Satz-Match mindestens 4 Punkte zum Sieg benötigt werden, im 5-Satz-Match mindestens 6 Punkte.

Diese Neuerung ist in meinen Augen eine kleine Revolution, die alle Schützen sehr schnell zu schätzen lernen werden.
Stellen wir uns mal vor, dass Schütze A mit einer 52er Passe beginnt und Schütze B mit einer 46: das Match nach den alten Regeln wäre so gut wie gelaufen, da 6 Ringe kaum aufzuholen sind!
Mit der neuen Regel ist Schütze A zwar 2-0 in Führung, Schütze B kann im zweiten Satz (zweite 6er Passe) jedoch das Match ausgleichen (2-2) oder zumindest den Abstand gleichhalten (1-3, wenn beide Schützen z.B. jeweils eine 51 schießen), und somit einen dritten Satz erwirken. Er hat das Match nur dann verloren und scheidet somit aus, wenn er den zweiten Satz verliert (4-0 aus Sicht des Schützen A).
Dies bedeutet, dass ein schlecht geschossener Pfeil nicht automatisch das Ausscheiden bewirkt, sondern der zweite Satz fast ein Neuanfang des Matches darstellt. Ein verlorener Satz ist zwar ein Nachteil, kann jedoch noch aufgeholt werden.


Die Compound Runde – Hit-Miss Runde auf 50 Meter
Hinsichtlich der Differenzierung der Disziplinen im Bogensport, wurde ein neuer Turniermodus für den Compound Bogen entwickelt.
Die Hit-Miss Compound Runde auf 50m wird im Weltcup 2010 erstmals getestet und eventuell angepasst, sodass sie ab 1. April 2011 in Kraft treten kann.
Diese Differenzierung wird von der FITA angestrebt, um Compound und Recurve so stark voneinander zu unterscheiden, dass sie auch von Laien als zwei eigenständige Disziplinen des Bogensports angesehen werden. Dies könnte der FITA erlauben, in Zukunft dem IOC eine zusätzliche Disziplin für die Olympischen Spielen vorzuschlagen. Bis zu einer eventuellen Zulassung einer neuen Olympischen Disziplin ist es sicherlich noch ein weiter Weg, aber ein Grundstein könnte genau diese neue Compound Runde sein.

Die Compound Runde besteht aus einer 72 Pfeile Qualifikationsrunde auf 50 Metern (80cm Auflage).

Die Paarungen für die darauf folgenden Ausscheidungen entsprechen denen des Satz-Systems der FITA Runde im Freien (wie bereits erklärt werden die ersten 8 der Qualifikation erst zum Viertelfinale antreten).

Geschossen wird auf einer Hit-Miss Scheibe, die aus zwei runden andersfarbigen Zonen besteht. Die Hit-Miss Scheibe wird eine 10cm große gelbe Hit-Zone haben (Wert: 1) und eine 30cm große rote Miss-Zone (Wert: 0).

In den Ausscheidungen und Finalrunden besteht ein Match aus 4 Sätzen mit jeweils 3 Pfeilen.
Nur die Medaillenfinals werden aus 6 Sätzen mit jeweils 3 Pfeilen bestehen.

Die einzelnen Sätze werden wie im Set System gewertet. Der Unterschied ist, dass beim Compound 5 von 8 möglichen Punkten gewonnen werden müssen um in die nächste Runde zu kommen, in den Medaillenfinals 7 von 12.

Was passiert wenn beide Schützen alle 4 Sätze unentschieden schießen? Dann steht es 4-4 und es gibt ein Stechen mit einem Pfeil.

Während des FITA Councils im November werden die Einzelheiten noch festgelegt werden, doch die hier beschriebenen grundsätzlichen Veränderungen werden nicht erheblich von dem Abweichen, was ab 2010 die neue Realität im Bogensport sein wird.Quelle: archery-specials.com

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