Jetzt nach ein paar Tagen Abstand: Wie groß ist die Erleichterung und Zufriedenheit über den Team-Quotenplatz bei der WM?
Richter: „Schon sehr groß. Es war die große Geschichte, die uns in den letzten Jahren umgetrieben hat. Und das jetzt auf Anhieb zu schaffen, ist schon eine große Erleichterung. Es war aber auch erst der erste Schritt. Jetzt geht es weiter, jetzt haben wir den Mannschaftsplatz, jetzt ist das unser Fokus. Und wie immer im Sport: Man ruht sich nicht aus, es geht immer weiter.“
Unruh: „Ich bin auch sehr froh, weil wir nun unsere Vorbereitung gezielt auf die Olympischen Spiele richten können und nicht auf die Qualifikation zu den Olympischen Spielen.“
Wie hoch war der Druck aus dem Umfeld, wie hoch der eigene?
Unruh: „Es war Druck da! Ich habe versucht, den wegzuschieben und mich auf mein Team zu konzentrieren. Alle anderen hatten auch Druck, jede Mannschaft möchte da hin. Wir mussten also alle damit umgehen. Ich persönlich wollte es sehr fürs Team, damit wir nicht wieder alleine hinmüssen bzw. –dürfen. Die Konzentration hat überwogen.“
Es geht immer darum, bei sich und seinen Aufgaben und der Mannschaft zu bleiben
Wie seid ihr damit umgegangen, wir habt ihr diesem standgehalten?
Richter: „Es geht immer darum, bei sich und seinen Aufgaben und der Mannschaft zu bleiben. Man darf sich nicht von den äußeren Eindrücken zu sehr gefangen nehmen lassen. D.h. Fokus auf die eigentliche Aufgabe und das abzurufen.“
Nach dem letzten Schuss von Lisa gab es unterschiedliche Reaktionen: Elena sprang quiekend herum, Lisa hielt sich nur die Hand vor den Mund. Was für Gefühle, Gedanken, Emotionen waren das?
Unruh: „Wir haben es geschafft!“
Richter: „Als Lisa geschossen hatte, war es der bestmögliche Schuss (eine 10, Anm. d. Red.), den sie mache konnte. Die Frage war: Hat es gereicht? Weil wir während des Matches nicht rüber gucken. Deswegen zuerst: Das war jetzt ganz geil, aber wie geht es jetzt weiter?! Es war ein kurzes Abwarten, Bangen und dann die totale Freude.“
Wurde der Erfolg, das größte Ziel der WM erreicht zu haben, am Abend ein wenig gefeiert?
Unruh: „Wir haben mit Orangensaft angestoßen.“
Richter: „Tatsächlich war das so, weil wir in der „in competition-Zeit“ ein striktes Alkoholverbot haben. D.h. Sekt fiel aus. In der Teambesprechung haben wir uns kurz gefreut und angestoßen, dann ging es aber auch schnell auf die Zimmer, weil der Tag sehr lang und anstrengend war und es am nächsten Tag auch gleich weiterging.“
Am nächsten Tag seid ihr jeweils in der dritten Runde im Stechschuss ausgeschieden. Wie hoch war der Frustfaktor?
Richter: „Ich habe ein gutes Match geschossen, meine Technik gut umgesetzt und auch meine mentale Strategie verfolgen können. Ich habe 9:10 im Stechen verloren. Da spielt auch das Glück immer eine Rolle, und man verliert das Match nicht im Stechen, sondern vorher. Ich habe 5:3 vorgelegen und sie kam ran, es war schon ärgerlich.“
Unruh: „Mein Frustfaktor war sehr groß. Ich hatte mich gut zurückgekämpft, und dann habe ich im Stechen den Wind falsch eingeschätzt und nicht den ultraperfekten Schuss abgegeben. Ich war sehr sauer!“
Die Männer hat es deutlich schwerer erwischt, weder im Team noch im Einzel gelang der erhoffte Quotenplatz-Gewinn. Wie schwierig ist der Umgang damit, weil ihr alle sehr eng miteinander zusammen seid?
Unruh: „Ich war schon sehr traurig und betroffen, als sie im 1/12-Finale im Teamwettbewerb ausgeschieden sind. Das habe ich nicht erwartet, weil wir ja auch viel zusammen trainiert haben und ich weiß, was sie können und wie sie drauf waren. Das mussten wir aber wegdrücken, weil wir unseren entscheidenden Wettkampf vor uns hatten. Das ist natürlich sehr schade für sie, andererseits gibt es noch Möglichkeiten, und ich glaube an unsere Jungs.“
Nun geht es gleich mit den European Games weiter. Der Quotendruck ist für euch weg, heißt das, ihr geht entspannter auf die Schießlinie und könnt euch einzig auf die Medaillenjagd konzentrieren?
Richter: „Entspannt ist man nie auf der Schießlinie. Aber diese Quotenplatz-Sache ist schon einmal genommen worden, sodass wir schöne European Games schießen wollen.“
Was sind die Ziele in Minsk?
Unruh: „Die Technik umzusetzen, die Technik zu festigen, weiter seinen Weg zu gehen und Spaß zu haben.“
Richter: „Noch mehr seine Strategie im Wettkampf zu fahren. Ob es dann am Ende gegen den Gegner reicht, hängt ja auch vom andern ab. Das Einzige, was hilft: Sein Ding machen und das Bestmögliche geben.“
Lisa, du hast die große Ehre, bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne tragen zu dürfen. Wann hast du wie davon erfahren, und was bedeutet das für dich?
Unruh: „Ich habe in der vergangenen Woche einen Anruf von Uschi Schmitz, DOSB-Vizepräsidentin Leistungssport, erhalten. Sie hat mir davon berichtet, dass ich in der engeren Auswahl bin und sie mich gerne wählen würden, wenn ich denn könnte. Ich habe sofort zugesagt (lacht), weil ich dachte: Egal, was da ist und egal, was am nächsten Tag ist. Das will ich mir nicht nehmen lassen, weil das eine ganz große Ehre ist. Ich bin sehr glücklich darüber und auch ein ganz bisschen aufgeregt.“
Nach Minsk kommt der Heim-Weltcup in Berlin. Ist es leichter oder schwerer, vor eigenem Publikum, Freunden und Familie zu schießen?
Richter: „Es ist nicht das erste Mal, dass wir vor heimischem Publikum schießen und wissen, was es bedeutet. Es ist umso schöner, wenn die Freunde und Verwandten ganz nah dabei sein können, sonst verfolgen sie uns hinter dem Computer sitzend.“
Unruh: „Die Anreise ist nicht so weit, das erleichtert schon einmal vieles. Zudem finde ich es schön, wenn unsere Leute da sind.“
Platz drei 2017 für die Compound-Männer, Platz zwei 2018 für Lisa. Was kommt 2019?
Richter: „Wir geben unser Bestes und hoffen auf weitere Medaillen.“
Warum sollten sich Sport- und Bogen-Fans den Weltcup nicht entgehen lassen?
Unruh: „Weil Berlin ein außerordentlich schönen Wettkampf organisiert, weil wir eine super Kulisse haben, weil Fans wichtig sind und einen super Job machen.“