Es war 15.49 Uhr, als der vorletzte Pfeil der Französinnen auf der Scheibe einschlug. Neun! Und damit keine Chance mehr, das deutsche Team abzufangen. Das DSB-Trio realisierte das natürlich sofort, fiel sich mit Trainer Marc Dellenbach in die Arme und genoss den unfassbaren Erfolg. Weltmeister! Und damit bestes Recurve-Team der Welt: „Wir haben alles gegeben. Nach dem EM-Titel in Deutschland nun der WM-Titel in Deutschland. Das bringt uns wohl Glück“, so Kroppen.
Der Start in das Finale verlief zunächst ausgeglichen, es war fast ein Abtasten der gegenseitigen Qualitäten. Demzufolge war das 53-53 fast folgerichtig. Danach war die Zurückhaltung abgelegt, vor allem Bauer und Schwarz sorgten mit ihren Pfeilen für die 3:1-Führung. Doch die Französinnen schlugen umgehend zurück, während das deutsche Team plötzlich den Rhythmus verloren hatte. Passe Nummer drei ging eindeutig an die Èquipe, sodass ein vierter Satz die Entscheidung bringen musste. Und der war nichts für schwache Nerven: Deutschland legte starke 28 Ringe vor, die Französinnen zogen identisch nach. Dann die Entscheidung: Bauer mit einer Zehn, Schwarz mit einer Neun und Kroppen mit einer Zehn setzten die Gegnerinnen massiv unter Druck, und als Caroline Lopez „nur“ eine zweite französische Neun auf die Scheibe brachte, war es passiert: Deutschland ist erstmals bei den Recurve-Frauen Weltmeister. „Weltmeister! Es fühlt sich super an. Das toppt nochmals den EM-Titel und gibt Kraft für den Weg zu Olympia“, meinte Bauer. Und Schwarz ergänzte: „Ich wusste, es ist möglich, weil wir ein starkes Team sind. Letzte Saison war eine Mega-Saison, diese Saison haben wir uns etwas schwer getan, aber wir haben uns alle bestens vorbereitet und können uns aufeinander verlassen.“
Zwei Stunden vor dem Halbfinale gab die World Archery bekannt, dass für den Team-Quotenplatz ein Medaillengewinn verpflichtend ist. „Die Entscheidung gilt es jetzt zu akzeptieren. Wir fokussieren und auf die Matches und wollen gewinnen“, sagte Bundestrainer Oliver Haidn. Das bedeutete, dass dem Halbfinale eine große Bedeutung zuteil wurde. Doch dieser immense Druck schien an dem deutschen Trio abzuprallen: 56 Ringe Deutschland gegen schwache 45 Ringe auf mexikanischer Seite – der Auftakt war grandios. Und Bauer, Schwarz und Kroppen – in dieser Reihenfolge traten die deutschen Schützinnen an die Linie – zeigten auch in der Folge keine Schwäche, sodass auch die Folgesätze mit 55-54 und 55-53 an das deutsche Team gingen. Kroppen war es vorbehalten, den letzten Pfeil in die Zehn zu setzen (eine Acht hätte gereicht), danach gab es kaum noch ein Halten auf dem Schießpodest mit Umarmungen, Küssen und Laola.
Das DSB-Trio, das vor der Weltmeisterschaft Weltranglisten-6. war, konnte seine imposante Erfolgs- und Medaillenserie ausbauen: Olympia-Bronze 2021, EM-Gold 2022 und nun WM-Gold. Bundestrainer Oliver Haidn hat eine Erklärung dafür: „Wir machen wohl nicht alles falsch! Wir versuchen als Trainer und Betreuer zu vermitteln, dass wir an die Sache glauben. Und das, was wir tun, mit Leidenschaft leben. Wir halten zusammen und fangen uns auf. Wir sind eine Mannschaft. Wir verlieren miteinander und wir gewinnen miteinander.“ Und werden WELTMEISTER!
Es ist die 16. Medaille für die deutschen Bogenschützen bei Weltmeisterschaften auf die Scheibe. Zuvor gab es zweimal Gold, neunmal Silber und viermal Bronze. Kristina Berger 2013 in Antalya/TUR (Compound Einzel) sowie das Trio Andreas Lippoldt, Bernd Schröppel und Detlef Kahlert 1987 in Adelaide/AUS (Recurve Team) waren die bisher einzigen deutschen Weltmeister.