Einzel W1: Herter siegt beim Heimspiel
2017 hatte Herter bereits den Europapokal gewonnen, damals gab es aber noch kein eigenes Finale, sondern die Ergebnisse der zwei Stationen wurden addiert. In Wiesbaden glänzte der sympathische 58-Jährige mit zwei tollen Wettkämpfen. Nach dem 10:9 im Halbfinal-Stechen gegen den Paralympics-Sieger von 2008, David Drahoninsky (CZE), hieß im Finale Salvatore Demetrico (ITA) der Gegner. Und auch dort zeigte der Olympia-Vierte von Rio 2016 eine konstant starke Leistung. Von den ersten zwölf Schüssen war keiner schlechter als eine Neun („Die erste Neun hat mir Sicherheit gegeben!“), sodass es mit einer beruhigenden Sechs-Ringe-Führung in die letzte Passe ging. Zwar schoss er dort nur 25 Ringe, aber es reichte locker zum 134:131-Sieg. Vor Freude schmiss er seinen Hut in die Luft und riss die Arme hoch. Eine der ersten Gratulantinnen war Tochter Susanne, dann sprudelte es aus Herter heraus: „Ich glaube, ich begreife erst am Abend, was ich heute geschafft habe. Nachdem ich bei der WM untergegangen bin, ist dieser Sieg ein Hoffnungsschimmer im Hinblick auf Tokio nach dem Motto: es geht noch!“ Einen großen Anteil sprach Herter auch dem Publikum zu: „Das hat mich total beflügelt und ich habe mir gesagt: Das gewinne ich jetzt!“ Bronze holte sich Drahoninsky.
Die Weltmeisterin und Weltranglisten-1. Elena Krutova erwies sich auch in Wiesbaden als Beste in ihrer Klasse. Sie setzte sich 124:119 gegen die erst 17-jährige Italienerin Asia Pellizzari durch. Das Match war zunächst umkämpft, nach zwei Passen hieß es 48-48. Die Vorentscheidung fiel in der dritten Passe, als Krutova 28 Ringe erzielte und damit sechs mehr als ihre Gegnerin. Nach dem Sieg sagte die ehemalige Gewichtheberin Krutova: „Ich habe nicht so gut geschossen, aber wenn ich gewinne, ist alles gut. Das war auf jeden Fall das beste Jahr meiner Karriere.“ Bronze ging an die Tschechin Tereza Brandtlova.
Einzel Recurve: Gold geht an Mijno & Ziapaev
Im Goldfinale der Frauen hieß das Duell – etwas überraschend - Elisabetta Mijno (ITA) vs. Roksolana Dzoba-Balyan (UKR). Beide hatten sich in ihren gestrigen Halbfinals gegen die Vize-Weltmeisterin bzw. WM-Dritte durchgesetzt. Im Finale kam Mijno mit den aufkommenden Windböen deutlich besser zurecht und siegte deutlich 6:0 (24-22, 28-26, 28-25). Anschließend sagte sie: „Ich bin sehr zufrieden. Es war nicht leicht bei den Windbedingungen, aber ich schieße stark im Wind. Der Sieg ist sehr wichtig für mich und mein Selbstbewusstsein, auch im Hinblick auf die Paralympics im nächsten Jahr.“ Im Bronzematch kam es zum Duell der WM-Zweiten Milena Olszewska (POL) und der WM-Dritten Svetlana Barantseva (RUS). Die Medaille sicherte sich die Russin.
Bei den Männern wurden die Medaillen ebenfalls auf drei Nationen verteilt: Anton Ziapaev (RUS) gewann im Goldmatch 6:2 (21-21, 24-22, 28-27, 26-26) gegen Publikumsliebling Guillaume Toucoullet (FRA), Bronze sicherte sich der Italiener Stefano Travisani. Vor dem ersten Schuss im Goldfinale setzte ein regelrechter Platzregen ein, vor dem auch die Enten auf dem Teich Schutz suchten. Der Weltrangliste-1. Ziapaev und der internationale Neuling Toucoullet, der erst vor zwei Jahren überhaupt mit dem Bogensport begann, trotzten den Bedingungen und absolvierten ihr Match. Dabei zeigte sich der Titelverteidiger aus Russland stabiler in seinen Schüssen und siegte verdient. Anschließend sagte er: „Es war bei diesen Bedingungen sehr schwierig zu schießen. Letztlich ist das Finale hier ein Training auf sehr hohem Niveau für Tokio im nächsten Jahr. Auf dem Weg dahin ist es sehr wichtig, starke Wettkämpfe zu haben.“
Nachdem ich bei der WM untergegangen bin, ist dieser Sieg ein Hoffnungsschimmer im Hinblick auf Tokio nach dem Motto: es geht noch!
Einzel Compound: Hahn glücklich, Arthakhinova unschlagbar
Den zweiten Höhepunkt aus deutscher Sicht lieferte Selina Hahn. Die 20-Jährige bezwang die Schwedin Zandra Reppe mit 10:9 im Stechschuss, nachdem es zuvor 133-133 geheißen hatte: „Unfassbar! Ich kann es nicht in Worte fassen, damit habe ich niemals gerechnet“, sagte sie im Anschluss. Zuvor lieferte sie ein Wechselbad der Gefühle, lag schon mit drei Ringen vorne (79-76), ehe sie im letzten Schuss eine Zehn liefern musste, um das Stechen zu erreichen. Mit Nervenstärke gelang ihr das, „weil ich total fokussiert war, und ich nur wusste, dass ich hoch schießen muss.“ Gold ging an die Russin Stepanida Artakhinova aus Russland, die sich in dieser Saison als nahezu unschlagbar präsentierte. Denn nach Erfolgen bei den Europapokal-Stationen in Olbia und Nove Mesto sowie WM-Silber und -Bronze im Mixed und Team (nur im Einzel wurde sie WM-Fünfte), gewann sie das Finale deutlich 146-134 gegen Maria Virgilio. Anschließend sagte sie: „Ich bin zufrieden und glücklich. Das war ein Wettkampf, den ich auch als Training für Tokio 2020 sehe. Dort will ich Gold gewinnen.“ So wie in Wiesbaden, wo sie die einzige Starterin war, die Doppel-Gold in Mixed und Einzel gewann.
Im Männer-Finale setzte sich der Slowake Marcel Pavlik gegen Serhiy Atamanenko (UKR) durch. Der Sieg war absolut verdient, betrachtet man beide Tage. Denn Pavlik schoss im Halbfinale perfekte 150 Ringe (von 150 möglichen Ringen) und legte im Goldfinale 144 nach. Damit hatte er exakt einen Ring mehr auf dem Konto als sein Gegner und verteidigte seinen Titel aus dem Vorjahr. Zufrieden sagte er im Anschluss: „Ich bin glücklich, gewonnen zu haben, auch wenn es gegen meinen Freund Serhiy ging. 150 Ringe schieße ich alle zwei Jahre.“ Bronze ging an den Italiener Alberto Simonelli.
Mixed: Sieger-Duos aus Tschechien, Russland und Polen
Der erste Sieger des Finaltages stand schon vor dem ersten Schießen fest: Der Russe Denis Ten hatte endlich seinen Bogen, der am Vortag noch fehlte und ihn somit das Einzel-Halbfinale kostete. Mit seiner Partnerin Elena Krutova gewann er dann auch Bronze. Gold in der W1-Klasse ging an die Tschechische Republik durch ein 135:130 gegen Italien. David Drahoninsky zeigte seinen Rollstuhl-Tanz, bei dem ihm der Mantel des Rads absprang. Seine Partnerin Tereza Brandtlova war überglücklich: „Ich bin sehr zufrieden und froh. Ich war so aufgeregt, dass ich befürchtete, mich in den Teich übergeben zu müssen.“ Es ging alles gut, wie auch in den zwei anderen Disziplinen. Im Compound holte sich Russland durch ein 154:146 gegen die Slowakei den Titel, Bronze ging an Italien. Aus Polen kam der Sieger im Recurve-Mixed, das Duo setzte sich 5:1 (30-30, 33-29, 35-31) gegen die Ukraine durch. Bronze ging an Russland.