Holger, die ersten internationalen Maßnahmen fanden bereits statt, wie fällt dein Fazit nach dem Weltcup in Antalya und dem Grand Prix in Lilleshall aus?
Hertkorn: „Das Ziel Quotenplatz für die European Games haben wir beim Grand Prix in Lilleshall geschafft (Katharina Raab, Anm. d. Red.), dazu eine Medaille (im Mixed durch Katharina Raab & Florian Grafmans, Anm. d. Red.). Beim Weltcup in Antalya gab es optimale Bedingungen, dadurch war das Niveau sehr hoch und die Welt hat uns gezeigt, dass wir da aktuell nicht ganz vorne mithalten können.“
Andere Nationen haben deutlich aufgerüstet!
Holger Hertkorn zu personellen Veränderungen bei anderen Nationen
D.h. für deine Schützen wäre es vorteilhafter, wenn es nicht perfekte Bedingungen gäbe?
Hertkorn: „Wenn man z.B. die WM in Yankton/USA 2021 nimmt – da war viel Wind, und wir waren mit den Männern auf Rang eins. Bei gutem Wetter und Windstille können alle schießen und ein bisschen besser als wir zur Zeit. Andere Nationen haben deutlich aufgerüstet, die Inder haben Sergio Pagni, einen italienischen Spitzenschützen und -Trainer, eingekauft, die Koreaner den ehemaligen Weltmeister und World Games Sieger, den US-Amerikaner Reo Wilde, als Trainer geholt.“
Es war ein ordentlicher Auftakt in die Saison, die nun so richtig mit der ersten WM-Qualifikation in Trendelburg beginnt. Was sind deine Erwartungen?
Hertkorn: „Trendelburg liegt in einem kleinen Tal, von daher wird es windstill sein, und ich erwarte gute Ergebnisse. Ich möchte sehen, wie schießen die Athleten, wenn gute Bedingungen sind, und es geht wirklich auch nur um den Score, und es werden keine Punkte vergeben. Die zweite und finale WM-Qualifikation ist in München, das ist ein offener Platz mit windigen Bedingungen – und da schauen wir mal, wie gut sie das können.“
Wer nimmt an der WM-Qualifikation teil?
Hertkorn: „Jeweils sieben Frauen und Männer aus dem Nationalkader, inklusive einiger Junioren. Zum einen, weil die zeigen sollen, was sie können, zum anderen auch als interne Konkurrenz – und vielleicht gelingt ja auch eine Überraschung.“
Alle sind heiß auf die WM!
Holger Hertkorn über die Motivation seiner Athleten
Die WM in Berlin ist der Höhepunkt! Wie sehr fieberst du, wie sehr fiebern deine Athleten der WM entgegen?
Hertkorn: „Alle sind heiß auf die WM. Auch die älteren Athleten wie z.B. Sebastian Hamdorf. Der hat eigens um ein Jahr verlängert, danach wird er wohl seine internationale Karriere beenden. Es ist eine besondere Situation, eine WM im eigenen Land mit eigenem Flair. Sie wollen alle gerne dabei sein und tun auch etwas dafür.“
Alle bzw. die meisten deiner WM-Kandidaten kennen das Maifeld und den olympischen Platz – ein Vorteil?
Hertkorn: „Ich denke, ein kleiner Vorteil. Wir können glücklicherweise für drei Tage knapp vor der WM aufs Maifeld. Ich erwarte jetzt nicht, dass wir ganz vorne mitspielen, eine Medaillenchance haben wir vielleicht als Außenseiter. Aber wenn man - wie beim Weltcup in Antalya - gegen einen James Lutz/USA oder Mike Schloesser/NED kommt, dann kann man auch ein sehr gutes Ergebnis schießen und fliegt trotzdem raus. Das Leistungsniveau ist einfach hoch, und es gehört eine Portion Glück dazu.“
Die nicht-olympischen Compound-Athleten stehen immer ein wenig im Schatten der olympischen Recurver. Wurmt das?
Hertkorn: „So ein bisschen schon. Uns stehen nicht so viele Mittel zur Verfügung, wir können nicht auf so viele Wettkämpfe fahren – auch wenn das von außen immer auf einem Level gesehen wird. Die Recurver sind aktuell sehr erfolgreich, die Compounder nicht ganz so. Wir haben einfach nicht so viele Wettkämpfe und Trainingsmöglichkeiten, meine Athleten gehen alle nebenbei arbeiten, während im Recurvekader die meisten Berufsschützen sind und andere Voraussetzungen haben. Wir tun unser Möglichstes und stellen die Weichen in Richtung 2028, aber es wäre natürlich schön, wenn wir mehr machen könnten.“
Dann wird es auch für Athleten interessanter und attraktiver in Richtung Compound zu gehen!
Holger Hertkorn zu der möglichen Perspektive, dass Compound olympisch wird
Es besteht aber Grund zur Hoffnung! Wie wichtig wäre es, dass der Compound-Bogen in Los Angeles 2028 Teil des olympischen Programms wird?
Hertkorn: „Das wäre dann ein ganz anderer Stellenwert, je nachdem natürlich, wie der Status ist. Ob vorläufig dabei oder gleich für drei, vier Zyklen dabei. Da hängt die Förderung dran, damit natürlich auch die Professionalisierung und damit der Erfolg. Dann wird es auch für Athleten interessanter und attraktiver in Richtung Compound zu gehen. Wir stellen die Weichen in Richtung 2028, und wir haben Athleten, die bereit sind, viel dafür zu tun und sich zu professionalisieren.“
Die Compound-Schützen bei der WM-Qualifikation in Trendelburg
Florian Grafmans (Kleinlangheim), Sebastian Hamdorf (Bad Segeberg), Leon Hollas (Dresden), Tim Krippendorf (Döhlau), Henning Lüpkemann (Sigmaringen), Moritz Kurz (Bad Wörishofen), Ruven Flüß (Dinslaken), Julia Böhnke (Sigmaringen), Marie Marquardt (Potsdam), Katharina Raab (Wertach), Kristin Schönbach (Neu-Isenburg), Jennifer Walter (Weil im Schönbuch), Franziska Göppel (Wassertrüdingen), Jara Zoe Maiwald (Weil im Schönbuch)